Die Ramessidenzeit
Der Begründer der 19. Dynastie, Ramses I. (Regierungszeit 1293-1291 v.
Chr.) hatte seinem Vorgänger als Befehlshaber der Armee gedient. Nach einer
Regierungszeit von nur zwei Jahren folgte ihm sein Sohn Sethos I.
(Regierungszeit 1291-1279 v. Chr.) nach. Dieser unternahm Kriegszüge gegen
Syrien und Palästina sowie gegen die Libyer und Hethiter. Er baute ein
Heiligtum in Abydos. Wie sein Vater favorisierte er die Hauptstadt Pi-Ramesse (das heutige Qantir) im Deltagebiet. Sein Nachfolger war einer
seiner Söhne, Ramses II., der fast 67 Jahre lang regierte. Er war für einen
Großteil der Bauten in Luxor und Karnak verantwortlich und gab auch das
Ramesseum (seinen Begräbnistempel in Theben), die Felsentempel von Abu
Simbel sowie heilige Stätten in Abydos und Memphis in Auftrag. Nach Kämpfen
mit den Hethitern schloss Ramses einen Friedensvertrag und heiratete eine
hethitische Prinzessin. Sein Sohn Mernephtah (Regierungszeit 1212-1202 v.
Chr.) besiegte die Invasoren aus der Ägäis, die im 13. Jahrhundert in
Vorderasien einfielen. Aus Quellen geht hervor, dass dabei das Gebiet des
heutigen Israel verwüstet wurde. Die späteren Herrscher mussten sich immer
wieder mit Aufständen unterworfener Völker auseinander setzen.
Der zweite Herrscher der 20. Dynastie war Ramses III. Seine
militärischen Siege sind auf den Wänden seines Totentempels in Medinet Habu
in der Nähe von Theben dargestellt. Nach seinem Tod zerfiel das Reich,
hauptsächlich aufgrund der zunehmenden Macht der Amunpriesterschaft und des
Militärs. Ein hoher Priester und Militärbefehlshaber ließ sich sogar mit den
königlichen Insignien darstellen.
Dritte Zwischenzeit
Die Dritte Zwischenzeit beginnt mit der 21. Dynastie und endet mit der
24. Dynastie. Die Könige rangen von der Hauptstadt Tanis im Norden des
Landes aus mit einer Reihe von Hohepriestern im südlichen Theben, mit denen
sie verwandt waren, um die Macht. Die Herrscher der 21. Dynastie dürften zum
Teil libysche Vorfahren gehabt haben, die 22. Dynastie wurde jedenfalls von
libyschen Fürsten begründet. Als die Herrschaft der Libyer Schwächen zeigte,
wurde sie von mehreren Mächten herausgefordert. Die nächsten beiden
Dynastien, die 23. und die 24. Dynastie, herrschten teilweise zeitgleich mit
der 22. Dynastie, und die 25. Dynastie (Kuschiten) kontrollierte gegen Ende
der 22. und 24. Dynastie große Teile Ägyptens.
Spätzeit
Die so genannte Spätzeit beginnt mit der Herrschaft der 25. Dynastie
und endet mit der 31. Dynastie. Die Kuschiten regierten von etwa 767 v. Chr.
an, bis sie 671 v. Chr. von den Assyrern vertrieben wurden. Zu Beginn der
26. Dynastie wurde die Fremdherrschaft durch Psammetich I. wieder beseitigt.
Die Kultur erlebte noch einmal eine Blütezeit, die an frühere Epochen
erinnerte. Nach der Niederlage des letzten ägyptischen Königs gegen Kambyses
II. 525 v. Chr. wurde Ägypten unter der 27. Dynastie persische Provinz. Zwar
gelang es den Ägyptern während der 29. und der 30. Dynastie ihre
Unabhängigkeit wieder herzustellen, aber die Könige der 30. Dynastie waren
endgültig die letzten ägyptischen Pharaonen. Bei der 31. Dynastie, die in
dem Geschichtswerk Manethos nicht aufgeführt ist, handelt es sich bereits um
die zweite persische Herrschaft.
Griechische und römische Zeit
Die Besetzung Ägyptens durch die Truppen Alexanders des Großen 332 v.
Chr. beendete die Perserherrschaft. Alexander ernannte Cleomenes von
Naucratis, einen Ägypter griechischer Abstammung, sowie seinen makedonischen
General, den späteren Ptolemaios I., zu Statthaltern des Landes. Obwohl auch
zwei ägyptische Gouverneure eingesetzt wurden, riss Ptolemaios die
Herrschaft an sich und regierte das Land nach wenigen Jahren mit absoluter
Macht.
Das Haus der Ptolemäer
Nach dem Tod Alexanders 323 v. Chr. konnte sich Ptolemaios in Ägypten
gegen die rivalisierenden Generäle durchsetzen, die das Reich Alexanders
unter sich aufteilen wollten. 305 v. Chr. nahm er den Königstitel an und
begründete das Haus der Ptolemäer, dem er seinen Namen gab. Das ptolemäische
Ägypten gehörte zu den Großmächten der hellenistischen Welt und konnte
zuweilen seine Macht bis nach Syrien, Kleinasien, Zypern, Libyen und
Phönikien ausdehnen.
Da den einheimischen ägyptischen Herrschern während der ptolemäischen
Herrschaft größtenteils nur eine untergeordnete Rolle zufiel, kam es immer
wieder zu Rebellionen, die jedoch allesamt rasch unterdrückt werden konnten.
Während der Regierungszeit von Ptolemäus VI. wurde Ägypten nach Eroberung
durch Antiochos IV. 169 v. Chr. syrisches Protektorat. Die Römer zwangen
Antiochos jedoch zur Aufgabe des Landes, es wurde in der Folgezeit zwischen
Ptolemaios VI. und seinem jüngeren Bruder Ptolemaios VIII. aufgeteilt. Nach
dem Tod des älteren Bruders 145 v. Chr. übernahm dieser die
Alleinherrschaft.
Die folgenden Ptolemäer konnten zwar Reichtum und Status Ägyptens
halten, verloren aber zunehmend Territorium an Rom. Kleopatra VII. war die
letzte Ptolemäerin. In einem Versuch, die drohende Besetzung Ägyptens durch
römische Truppen zu verhindern, verbündete sie sich zunächst mit Julius
Caesar und später mit Antonius, konnte das Ende aber nur kurzzeitig
aufhalten. Nachdem ihre Streitkräfte den römischen Legionen unter Oktavian
(dem späteren Kaiser Augustus) unterlegen waren, beging Kleopatra 30 v. Chr.
Selbstmord.
Römische und byzantinische Zeit
Nach dem Tod Kleopatras wurde Ägypten fast sieben Jahrhunderte lang
vom Römischen Reich beherrscht (mit Ausnahme der kurzen Regierungszeit der
Königin Zenobia von Palmyra im 3. Jahrhundert n. Chr.). Das Land wurde
wirtschaftlich ausgebeutet, es diente als "Kornkammer Roms". Das Ägypten
unter römischer Herrschaft wurde von einem Präfekten verwaltet, dessen
Kompetenzen als militärischer Oberbefehlshaber und oberster Richter denen
der früheren Pharaonen entsprachen. Die umfassenden Machtbefugnisse des
Präfekten wurden später jedoch unter dem Kaiser Justinian aufgeteilt, der im
6. Jahrhundert n. Chr. die Streitkräfte einem eigenen Befehlshaber
unterstellte, der ihm persönlich verantwortlich war.
Während der römischen Zeit erlebte Ägypten eine relativ friedliche
Epoche, nur die Südgrenze bei Assuan wurde gelegentlich von den Äthiopiern
attackiert. Zur Zeit der Herrschaft der Ptolemäer war die Bevölkerung
hellenisiert worden und umfasste inzwischen große griechische, jüdische und
andere kleinasiatische Minderheiten. In dieser Zeit entwickelte sich auch
aus dem damaligen Ägyptisch unter griechischem und semitischem Einfluss die
koptische Sprache. Die verschiedenen Kulturen wuchsen jedoch nicht zu einer
homogenen Gesellschaft zusammen, so dass es häufig zu internen
Auseinandersetzungen kam. 212 n. Chr. verlieh der römische Kaiser Caracalla
der gesamten Bevölkerung das römische Bürgerrecht.
Die von Alexander dem Großen gegründete Mittelmeerhafenstadt
Alexandria blieb wie unter den Ptolemäern Hauptstadt. Die Stadt gehörte zu
den bedeutendsten Handelsstädten des Römischen Reiches, hier wurde
insbesondere der Handel zwischen Indien, der Arabischen Halbinsel und dem
Mittelmeerraum abgewickelt. Daneben beherbergte die Stadt die große
Alexandrinische Bibliothek und das angeschlossene Museum. Die Stadt hatte zu
der Zeit 300 000 Einwohner (die Sklaven nicht mitgerechnet).
Ägypten wurde zu einem wirtschaftlichen Stützpfeiler des Römischen
Reiches, und zwar nicht nur aufgrund der Getreideproduktion, sondern auch
aufgrund der Herstellung von Glas- und Metallwaren. Daneben wurden über den
Handel Gewürze, Parfüm, Edelsteine und seltene Metalle aus den Häfen des
Roten Meeres eingeführt. Das Land wurde auch durch die Erhebung von Steuern
ausgebeutet.
Um das Volk zu kontrollieren und das machtvolle Priestertum nicht
gegen sich aufzubringen, schützten die römischen Kaiser die alte Religion.
Sie führten die unter den Ptolemäern begonnenen Tempelbauten weiter,
schmückten sie aus und ließen ihre Namen als Pharaonen eingravieren. In Isna,
Kawn Umbu, Dandarah und Philae haben sich solche Kartuschen erhalten. Der
ägyptische Isis- und Serapis-Kult breitete sich in der gesamten
griechisch-römischen Welt aus. Ägypten war zudem ein wichtiges Zentrum des
frühen Christentums und das erste Zentrum des christlichen Mönchstums. Die
koptische Kirche, die für den Monophysitismus eintrat, spaltete sich im 5.
Jahrhundert vom übrigen Christentum ab.
Während des 7. Jahrhunderts wurde die Macht des Byzantinischen Reiches
von den aus Persien kommenden Sassaniden herausgefordert, die Ägypten 616 n.
Chr. eroberten. Sie konnten zwar 628 wieder vertrieben werden, doch kurz
darauf, 642, fiel das Territorium an die Araber, die mit dem Islam eine neue
Religion ins Land brachten und ein neues Kapitel der ägyptischen Geschichte
einläuteten.
Ägypten unter dem Kalifat
Da die koptischen Christen in Ägypten unter der religiösen Intoleranz
und der starken Besteuerung durch die Byzantiner zu leiden hatten, setzten
sie den arabischen Eroberern keinen nennenswerten Widerstand entgegen.
Daraufhin wurde ein Vertrag mit dem Kalifat unterzeichnet, in dem sich die
Ägypter zur Entrichtung einer Kopfsteuer (Jizyah) verpflichteten und die
Araber im Gegenzug die religiösen Praktiken sowie das Existenzrecht und das
Eigentum der Kopten anerkannten. Neben der Kopfsteuer hatte die männliche
Bevölkerung (schätzungsweise sechs bis acht Millionen Menschen) die Kharaj
zu bezahlen, eine Steuer, die auf landwirtschaftlich genutztes Land erhoben
wurde.
Kommunalverwaltung
Die Araber führten keine Änderungen in der Verwaltung durch. Sie
übernahmen von den Byzantinern das dezentrale System der Provinzgouverneure,
die einem Hauptgouverneur in der Hauptstadt Alexandria unterstanden. Sie
verlegten jedoch die Hauptstadt an einen zentraleren Ort, nach Fustat ("das
Zelt"), wenige Kilometer südlich des heutigen Kairo.
Die nächsten zwei Jahrhunderte wurde Ägypten von Gouverneuren regiert,
die durch den Kalifen (Führer der Muslimgemeinschaft) ernannt wurden. Bei
diesem System wechselten sich großzügige Herrschaft mit Phasen religiöser
Unterdrückung ab. Die Einwanderung arabischer Stämme und die Verdrängung der
koptischen Sprache durch das Arabische führte schließlich zu einer langsamen
Arabisierung des Koptisch sprechenden, christlichen Ägyptens in ein
größtenteils islamisches, Arabisch sprechendes Land. Das Koptische wurde zur
Sprache der Liturgie.
Interne Auseinandersetzungen
Unter den Abbasiden-Kalifen wurden die Gouverneure immer nur für kurze
Zeit ernannt. Es kam zu einer Reihe von Aufständen, die durch Konflikte
zwischen zwei muslimischen Gruppierungen entstanden, die sich hier
niedergelassen hatten: die orthodoxe Mehrheit der Sunniten und die
Minderheit der Schiiten. Mehrmals erhoben sich auch die Kopten, um gegen die
übermäßige Besteuerung zu protestieren. Solche Aufstände wurden vonseiten
der Regierung meist mit Repression und Verfolgung beantwortet. Die innere
Lage verschlechterte sich gegen Ende des 8. Jahrhunderts so sehr, dass sich
eine Gruppe neuer Einwanderer aus Andalusien mit einem arabischen Stamm
verbündete und Alexandria belagerte. Die Belagerung wurde so lange
aufrechterhalten, bis ein Heer aus Bagdad eintraf und die Aufständischen
nach Kreta vertrieb. Die Aufstände der Kopten hielten an, bis es dem Kalifen
Abdullah al-Mamun mit Hilfe einer türkischen Armee gelang, die Revolten 832
niederzuschlagen. Skrupellose Gouverneure beuteten die Bevölkerung
rücksichtslos aus. Das einzige Bollwerk gegen diese Unterdrückung war der
Kadi, der höchste Richter der religiösen Gerichtsbarkeit, der das heilige
Gesetz der Scharia bei Machtmissbrauch und Habgier der Gouverneure
anwendete. Der Handel blühte, und Fustat wurde ein wichtiger
Warenumschlagplatz.
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