Lage
596 km südlich von Kairo am linken Nilufer.
DENDERA

Geschichte
Dendera war die Hauptkultstätte der Hathor, die
hier zusammen mit ihrem Gatten, dem Horus von Edfu, und ihrem Sohn lhi, dem
Gott der Musik, verehrt wurde.
Bereits im frühen AH, zumindest aber seit der 6.
Dynastie, hat hier ein Heiligtum gestanden, das unter den Ptolemäern
(Allerheiligstes, Vorsäle) und den römischen Kaisern Domitian, Nerva und
Trajan durch den jetzigen Tempel ersetzt wurde.
Der Hathortempel
Die große Vorhalle wird von 24 Sistrumsäulen
getragen, deren vordere Reihe durch sechs Schranken verbunden und durch ein
Hohlkehlengesims mit der geflügelten Sonne in der Mitte zur Fassade
gestaltet ist. Auf ihren lnnenwänden sind die
Kaiser Augustus, Tiberius, Caligula, Claudius und Nero als Pharaonen
dargestellt, wie sie Hathor und anderen Göttern Weihegaben bringen. Die
Decke der Vorhalle ist mit astronomischen Darstellungen geschmückt; in den Außenfeldern sieht man die Himmelsgöttin
Nut. Der folgende "Saal des Erscheinens" hat sechs
Säulen mit reichen Kompositkapitellen, auf denen Hathorköpfe
sitzen. Einige Wandbilder bieten Szenen der Grundsteinlegung des Tempels.
Der erste Vorsaal, der Opfersaal, zeigt den vor Hathor opfernden König. Von
hier aus führen Treppen aufs Dach, auf deren Wänden die Prozessionen
abgebildet sind, wie sie am Neujahrsfest stattge- funden haben, um die
Kultbilder der Hathor auf das Tempeldach zu tragen, "damit sich die Göttin
mit den Strahlen ihres Vaters Re vereine".
Rechts vom zweiten Vorsaal liegt ein Kiosk, in dem der Geburtstag der Hathor
gefeiert wurde. An der Decke ist die Himmelsgöttin Nut dargestellt; sie
senkt ihre Strahlen auf das Heiligtum von Dendera und gebiert die Sonne.
Die Wandbilder des Allerheiligsten schildern die
Zeremonien, die der König oder sein priesterlicher Stellvertreter zu
vollziehen hatte, wenn er diese "geheimnisvollen, verborgenen Gemächer" am
Neu- jahrsfest betrat. Im mittleren Raum hinter dem Allerheiligsten stand
ein Schrein mit einem Kultbild der Hathor. Von zwei benachbarten Räumen
gelangt man in Krypten, von denen es im ganzen zwölf gibt.
An der Südwestecke des Daches befindet sich ein
kleiner offener Kiosk mit zwölf Hathorsäulen. Auf der Westseite steht eine
dreiteilige Osiriskapelle, deren Inschriften und Darstellungen sich auf den
Kult des gestorbenen und wiederauferstehenden Osiris beziehen.
Im östlichen Gegenstück der Kapelle befindet
sich eine Kopie des "Tierkreises von Dendera".
Die südliche Außenwand des Tempels zeigt
Kleopatra VII. mit ihrem Sohn Ptolemaios XV. Caesarion vor den Göttern von
Dendera und dem Kultbild der Hathor.
Geburtshäuser
Das südliche Geburtshaus Nektanebös' 1. (30.
Dynastie) wurde von der römischen Tempelmauer durchschnitten. Die Wände des
Allerheiligsten zeigen die Geburt des Hathorsohnes lhi.
Das größere Geburtshaus aus römischer Zeit liegt unmittelbar rechts vom
Nordtor. Auch hier ist im Allerheiligsten die Geburt des Gotteskindes
dargestellt. Die Bes-Figuren des umlaufenden Säu- lenganges galten als
Schutzbringer bei der Geburt.
Koptische Kirche und Sanatorium
Südlich an das römische Geburtshaus schließt
sich eine koptische Kirche aus dem späten 5. Jhdt. an. Auffallend sind der
indirekte Zugang, die im rechteckigen Baukörper liegende Dreikonchenanlage
(Weißes Kloster von Sohag) und die Nischen an
den Längswänden.
Im Süden des Geburtshauses Nektanebös' 1. finden sich Reste eines
Sanatoriums aus römischer Zeit.
Zwischen Sanatorium und heiligem See liegt ein Brunnen, der die Verbindung
zum Urwasser herstellen will, über dem sich die Kultstätte als mythischem
Schöpfungsort erhebt.
Religion
Hathor - der Name bedeutet "Haus des Horus" -
ist eine der ältesten Göttinnen des Landes. Ihr Wesen ist vielfältig, ihre
Erscheingungsform uneinheitlich. Als Gattin und Geliebte des Horus erhält
sie überhaupt den Charakter einer Liebesgöttin. Ursprünglich dürfte sie aber
eine Ortsgottheit gewesen sein, worauf ihre Darstellung als Kuh weist. Meist
trägt die menschlich gestaltete Göttin jedoch nur ein Rindergehörn, ein Paar
Kuhohren oder beides (vgl. die Siegestafel des Königs Narmer).
Schon im AH gilt Dendera als Hauptkultort der Göttin. Sie steht von hier aus
in enger Beziehung zu dem Horus von Edfu, als dessen Gattin sie galt. Die
Partnerschaft der beiden Götter wird Jahr für
Jahr kultisch gefeiert. Die Hathor von Dendera
und der Horus von Edfu besuchen einander in großer Prozession. Jeder Ort, an
dem die Gottesbilder Station machen, feiert Freudenfeste.
Ein altes Fest der "Goldenen" Liebesgöttin
wird in Dendera als "Tag der
Trunkenheit" begangen.
In Theben wird Hathor als Totengöttin verehrt, hat die Gestalt einer Kuh und
ist in der Bergwand zu Hause, die die thebanische Nekropole begrenzt.
Sie gilt als Herrin verschiedener fremder Länder: des Weihrauchlandes Punt,
des Sinai und seiner Türkisminen. Schon früh wird sie mit Baalat Gebal, der
Herrin von Byblos, gleichgesetzt.
lhi oder Ehi ist ein jugendlicher Gott, dessen Attribute Menat und Sistrum
sind. Seine Mutter ist Hathor, sein Vater der Horus von Edfu.
Er erscheint immer als Knabe. Als Sohn der
Himmelsgöttin und des Lichtgottes wird lhi mit der aufgehenden Sonne in
Beziehung gesetzt. Daher identifiziert sich der Tote mit ihm.
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